Iqony Großbatterie-Systeme für mehr Versorgungssicherheit

Im Zuge der Energiewende steigt der Anteil Erneuerbarer Energien im deutschen Strommix immer weiter an – bis 2030 sollen 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland aus Erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. Das ist erfreulich, führt aber auch zu immer stärkeren Schwankungen im Stromnetz.

Diese Schwankungen müssen jeweils kurzfristig ausgeglichen werden. Iqony hat schon früh neue Wege bestritten: Bis Anfang 2017 investierten wir rd. 100 Millionen Euro in sechs Großbatterie-Systeme – ohne Fördermittel in Anspruch zu nehmen. Um eine gewisse Verteilung über das Netz zu erhalten, entstanden die Großbatterie-Systeme an mehreren deutschen STEAG-Standorten: Herne und Duisburg-Walsum in Nordrhein-Westfalen sowie Bexbach, Völklingen-Fenne und Weiher im Saarland. Was diese Systeme leisten und warum sie in Zukunft für die Versorgungssicherheit immer wichtiger werden, das erfahren Sie hier.

Wie Schwankungen im Stromnetz entstehen

Schwankungen im Stromnetz entstehen, wenn die Summe der Einspeisungen von der Summe des aktuellen Verbrauchs abweicht.

Durch den steigenden Anteil von Erneuerbaren Energien im deutschen Strommix nehmen diese Schwankungen zu, denn die Produktion von Solar- oder Windenergie ist ungleichmäßig und nicht exakt vorherzusagen. Sonne und Wind halten sich nicht an Prognosen. Auch unerwartet hoher bzw. niedriger Verbrauch, Fehler in der täglichen Bedarfsprognose oder Kraftwerksausfälle führen zu Schwankungen im Stromnetz. Dann ist auf einmal mehr oder weniger Strom im Netz, als gebraucht wird, und die Frequenz weicht vom Sollwert 50 Hertz ab.

Warum diese Schwankungen umgehend ausgeglichen werden müssen

Beträgt die Schwankung im Stromnetz zehn Millihertz oder mehr, muss sie umgehend ausgeglichen werden, damit das Netz in einem stabilen Zustand bleibt – „Netzausregelung“ ist der Fachbegriff hierfür.

Ein instabiles Netz könnte zu Störungen bei elektrischen Anlagen führen – etwa bei Maschinen von Industrieunternehmen oder auch bei technischen Einrichtungen im Stromnetz. In der weiteren Folge könnte es zum gefürchteten Blackout kommen, also zum Totalausfall des Stromnetzes.

Wie Schwankungen im Stromnetz ausgeglichen werden

Die Betreiber des deutschlandweiten Übertragungsnetzes (Tennet TSO, 50Hertz Transmission, Amprion und TransnetBW) haben die Aufgabe, das Leistungsgleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -abnahme ständig aufrechtzuerhalten und dadurch die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Hierzu nutzen sie die wöchentlich ausgeschriebene und von den Anbietern entsprechend vorgehaltene sogenannte Regelenergie. Ist das Netz unterspeist, fällt die Netzfrequenz unter 50 Hertz, und es muss Energie eingespeist werden (positive Regelleistung); ist das Netz überspeist, steigt die Netzfrequenz über 50 Hertz, und es muss Energie aus dem Netz genommen werden (negative Regelleistung). Dabei wird zwischen Primär- und Sekundärregelleistung sowie Minutenreserve unterschieden. Primärregelleistung muss innerhalb von 30 Sekunden, Sekundärregelleistung innerhalb von 5 Minuten, Minutenreserve innerhalb von 15 Minuten im erforderlichen Umfang bereitgestellt werden.

Welche Rolle unsere Großbatterie-Systeme künftig bei der Netzausregelung spielen

Für die Erbringung der sechs mal täglich von den Übertragungsnetzbetreibern ausgeschriebenen Primärregelleistung gehen wir von Iqony künftig neue Wege.

Mit dem Beschluss der Bundesregierung aus der fossilen Energieerzeugung auszusteigen müssen andere Technologien die Systemaufgaben übernehmen. Erstmals haben wir hierfür in großem Stil Großbatterie-Systeme eingesetzt und dieses bewährt sich Tag für Tag mit einer hohen Zuverlässigkeit. Innerhalb von Sekunden gleichen sie Frequenzschwankungen im Stromnetz aus – indem sie bei zu niedriger Frequenz Energie einspeisen oder bei zu hoher Frequenz Energie speichern. Die Anlagen erfüllen alle aktuell gültigen Kriterien der Leistungserbringung für Batteriespeicher in der Primärregelung und darüber hinaus, da sie über die Mindesterbringung über 15 Minuten verfügen. Somit bieten sie eine höhere Sicherheit, als heute von den ÜNBs gefordert wird.

Bei der Entwicklung der Großbatterie-Systeme konnten wir auf Erfahrungen zurückgreifen, die wir mit dem Batterie-System LESSY im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsprojektes zusammen mit Evonik und weiteren Partnern gewonnen hatten. Mit dem am Kraftwerk Völklingen-Fenne installierten LESSY-System haben wir als einer der ersten Anbieter überhaupt von Februar 2014 bis Ende Februar 2016 eine Großbatterie (1 MW Leistung) für die Primärregelleistung genutzt.

Warum die Primärregelleistung 30 Minuten zur Verfügung stehen muss

Die Primärregelleistung bildet das „Rückgrat“ der Netzausregelung.

Sie muss mindestens 30 Minuten zur Verfügung stehen, damit das Stromnetz auch bei Großstörungen mit länger anhaltenden Schwankungen gestützt und zu einem sicheren und stabilen Betrieb zurückgeführt werden kann. Simulationen von Iqony am Beispiel von real aufgetretenen Großstörungen, beispielsweise infolge der fehlerhaften Abschaltung zweier Hochspannungsleitungen während der Ausschiffung eines Kreuzfahrtschiffes auf der Ems im Jahr 2006, haben dies bestätigt.

Wie unsere Großbatterie-Systeme aufgebaut sind

Man kennt das von tragbaren elektrischen Geräten: Wenn viel Energie benötigt wird, braucht man mehrere Batterien.

Unsere Großbatterie-Systeme funktionieren ganz ähnlich: Im Prinzip handelt es sich um riesige, wiederaufladbare Lithium-Ionen-Batterien, die über eine Steuerzentrale miteinander verbunden werden. Für den bei der Erbringung von Primärregelleistung erforderlichen Betrieb im mittleren Ladezustand sind sie optimal geeignet. Jedes Großbatterie-System besteht aus zehn Containern mit einer Gesamtleistung von 15 MW – so viel Leistung konnte keine der bisher installierten Anlagen in Deutschland Ende 2016 aufweisen. Insgesamt errichten wir bis Anfang 2017 sechs Systeme mit einer Kapazität von mehr als 120 MWh – mehr als alle anderen Anlagen mit gleicher Technologie zusammen. Im Jahr 2023 beträgt der Batteriespeicheranteil an präqualifizierter Leistung 630 MW, wovon 90 MW allein auf Iqony fallen. Mit dieser Speicherkapazität könnte man theoretisch 300.000 Haushalte eine Stunde lang versorgen.

Wie unsere Großbatterie-Systeme hergestellt werden

Die Großbatterie-Systeme sind eine deutsch-französisch-südkoreanische Koproduktion.

Die Container mit den technischen Anlagen werden beim Industriesystem-Spezialisten Nidec in Frankreich gebaut und vorkonfiguriert, während die Batteriezellen und -module von LG in Ochang, Südkorea, hergestellt werden. Ein spezielles Herstellungsverfahren sorgt dafür, dass die Lithium-Ionen-Batteriezellen vom Typ JH3 wenig Platz brauchen und sehr sicher und stabil sind.

Eine bestimmte Zahl von Batteriezellen wird in ein Modul montiert. Jedes Modul verfügt über eine Schutzschaltung sowie ein Managementsystem, das den Status der Batterien überwacht. Per Schiff und Lkw werden die Batteriemodule dann an die einzelnen Standorte gebracht – dabei muss streng auf die Einhaltung bestimmter Temperaturen geachtet werden, damit sie keinen Schaden nehmen. Vor Ort werden jeweils 17 Batteriemodule in Racks zusammengefügt, die in die Container eingebaut und angeschlossen werden.

Welche ökologischen Vorteile unsere Großbatterie-Systeme haben

Bisher wird die Primärregelleistung vor allem durch konventionelle Kraftwerke erbracht.

Diese fahren die Stromproduktion hoch oder herunter – je nachdem, ob Energie eingespeist oder aus dem Netz genommen werden muss. Dafür müssen sie aber während des gesamten ausgeschriebenen Zeitraums von einer Woche jederzeit eine bestimmte Mindestlast erzeugen – und dafür verbrennen sie Kohle, Öl oder Gas. Bei unseren Großbatterien ist dies nicht erforderlich. Damit leisten wir neben der Bereitstellung von notwendiger Speicherkapazität zur Integration der Erneuerbaren Energien einen wertvollen Beitrag zum Klima- und Ressourcenschutz.

Warum Großbatterie-Systeme in Zukunft immer wichtiger werden

Wenn in naher Zukunft konventionelle Kraftwerke sukzessive vom Netz genommen werden, wird die Ausregelung der Netze in voraussichtlich immer mehr Stunden des Jahres annähernd ohne konventionelle Erzeugungsanlagen erfolgen müssen.

Spätestens dann sind Großbatterien für die Primärregelleistung und die Versorgungssicherheit eine sehr effiziente und kostengünstige Alternative zu den heutigen konventionellen Kraftwerken und aus unserer Sicht unverzichtbar.

Im Rahmen der Energiewende können Großbatterien in Zukunft noch weitere Aufgaben übernehmen, etwa zur Sicherung der Stromversorgung in dezentralen Netzen, die immer mehr Bedeutung gewinnen. Auch hier können Großbatterien die Schwankungen ausgleichen, die durch fluktuierende Einspeisungen und Verbräuche entstehen. Die dezentralen Netze werden dadurch unabhängiger vom überregionalen Hochspannungsnetz, was die Notwendigkeit zum Ausbau dieses Netzes reduziert.

Mit der Inbetriebnahme der sechs Großbatterie-Systeme ging Iqony als Pionier einen großen Schritt in die Energiezukunft.

2020 sind wir wieder neue Wege gegangen und haben als erster ein Großbatterie-System vom Standort Lünen nach Bexbach verlegt. Ab 2023 wollen wir wieder einen weiteren Schritt in die Zukunft gehen und neue Möglichkeiten für Großbatterie-Systeme aufzeigen.